Tja, ich habe es also wieder getan. Wie schrieb ich noch einer Freundin in einer SMS, als sie mich fragte, ob ich sie in näherer Zukunft auf dem Primitivo begleiten würde, weil sie es sich nicht zutraut alleine zu pilgern? Zitat." Können gerne mal zusammen pilgern, aber diesen Weg gehe ich nicht mehr". Die Strapazen waren schnell vergessen und beim Betrachten der Fotos blieben bald nur noch die schönen Erinnerungen. Als meine Tochter dann irgendwann im Herbst kam und meinte, sie würde gerne wieder mit mir zusammen in Spanien pilgern, fassten wir erst die Via de la Plata oder den Mozarabischen Weg ins Auge. Ich bestellte mir die jeweiligen Outdoorführer, blätterte hier, informierte mich da und irgendwann habe ich in einem Forum gelesen, dass sich die Überfälle auf Pilger im Raum Sevilla in letzter Zeit gehäuft hätten. Ich weiß nicht wann, aber schon bald kamen wir überein, dass wir den Primitivo laufen würden und unbedingt die Hospitalesroute. Meine Tochter Katharina bekam ihren Urlaub nur Ostern, da kamen uns schon Zweifel, ob die Route nach meinen Erfahrungen aus dem Mai 2013 schneefrei sein würde. Aber wir sind immer optimistisch - kauften uns aber trotzdem Gamaschen, die letztendlich zuhause blieben, und fühlten uns dadurch gewappnet. Die Flugbuchung war noch ein Hindernis - mangels Zeit mussten wir direkt in Oviedo ankommen und auch von Santiago aus direkt zurück. Das wurde teuer, aber machbar. Den Weg habe ich meiner Mutter gewidmet, die 2009 einen Schlaganfall erlitten hat und seitdem leider pflegebedürftig ist. Ihr großer Traum war schon immer einmal einen Jakobsweg in Spanien zu gehen, aber verwirklicht hat sie sich diesen Traum nie....

9. April 2014

Bayreuth - München - Madrid - Oviedo

Schon die Anreise war mit einigen Strapazen verbunden: Zum einen kosteten die Flüge ein kleines Vermögen, zum anderen war die Nacht sehr kurz. Um 2:00 Uhr mussten wir schon Richtung München fahren, da der Flug um 7:35 Uhr ging. In Madrid empfingen uns Wärme und Verwirrung. Wir mussten von Terminal 4 nach 2 und brauchten auch noch unsere Boardkarten für den Weiterflug. Die Beschilderung ist mehr als bescheiden - wir irrten erst einige Male hin und her, bis wir endlich einen Infostand fanden, wo man uns erklärte, wo die Rolltreppe versteckt ist, die zur Bushaltestelle führt. Um von T4 nach T2 zu kommen, muss man mit dem Bus etliche Kilometer fahren. T2 ist kleiner und überschaubarer, aber auch hier waren wir froh, einen Infostand gefunden zu haben, wo man uns beschrieb, wo unser CheckIn Schalter für den Weiterflug ist. Naja, wir hatten genügend Zeit und haben alles gut geschafft. Der Anflug auf den Flughafen Asturias kann als spektakulär bezeichnet werden. Die kleine Turbopropmaschine fliegt erst aufs Meer hinaus, um dann im Tiefflug auf die Steilküste zu zufliegen, knapp über die Baumwipfel hinweg, aufsetzen und ruckartig bremsen. Leicht blass stiegen wir aus dem Flieger und haben uns erst mal richtig gefreut, dass unsere Rucksäcke wohlbehalten angekommen sind. Den Bus zur Fahrt nach Oviedo, sowie das vorgebuchte Hostal Oviedo fanden wir dann Gott sei Dank auf Anhieb. Die Besitzerin des Hostals versorgte uns noch mit 2 Stadtplänen und ab ging es in die wunderschöne historische Altstadt. Wir besuchten die Kathedrale und Katharina schob ein Foto von meiner Mutter unter die Altardecke. Danach kauften wir noch etwas Proviant und Wasser ein und gingen in einem netten Lokal Tapas essen. So gestärkt begaben wir uns zurück zum Hostal und krochen müde in unsere Betten.

10.04.2014  Oviedo -> Grado   26,5 km

Eigentlich wollten wir um 7 Uhr los, aber als wir die Rollos hochzogen, mussten wir feststellen, dass es draußen noch stockdunkel war. Um 7:45 Uhr sind wir dann losgestapft. Das erste Stück des Weges aus der Stadt heraus, ist wirklich häßlich. Aber nach ca. 45 Minuten hatten wir Oviedo hinter uns und konnten beginnen den Weg zu genießen. Unzählige Male ging es auf und ab. Des Öfteren begegneten uns Spanier, die uns alle erklärten, wie wunderbar der Camino Primitivo ist. In Lampajua haben wir uns in der Kapelle einen Stempel geholt und wieder ein Bild meiner Mutter sowie eine Nachricht an eine Freundin, die den Camino Primitivo im Herbst gehen will, hinterlassen. Bin gespannt, ob beides im Herbst noch vorhanden sein wird! Wir fanden es schön, dass an der Kapelle ein Stempel zur Selbstbedienung deponiert ist, aber es ist schlimm, dass manche Wesen diesen missbrauchen, um die Wände der Kapelle damit zu verunstalten. Es wäre schade und gleichzeitig verständlich, wenn der Stempel über kurz oder lang weg kommt. In dem Kästchen, in dem der Stempel deponiert ist, befindet sich auch noch ein Schlüssel mit der Aufschrift  "Bano", aber wo sich selbiges befinden soll, haben wir nicht herausfinden können. Die Bar in Premono war geschlossen - ob die kleine alte Frau verstorben ist, die mir im letzten Jahr noch einen so leckeren Café con leche gemacht hat??? Auf eine Pause bei ihr hatten wir uns so sehr gefreut. Ca. 6 km vor Grado gab es dann doch eine Bank am Wegrand. Wir rasteten jedoch nicht sehr lange, denn es fing erneut an zu regnen - später donnerte es dann noch mehrere Male heftig. Als wir endlich in Grado waren, schien der Weg durch die Stadt kein Ende zu nehmen. Endlich erreichten wir ziemlich am Ende (nicht nur am Ende der Stadt ;-) ) die AutoBar, wo wir ein Doppelzimmer nahmen. Nach einigen Getränken und einer ausgiebigen Dusche sah die Welt für uns schon wieder besser aus! Vor dem Abendessen sind wir noch in den Supermarkt direkt nebenan und haben Wasser, Obst und Paprika gekauft. Danach sind wir zum Essen in die Bar. Die Flasche Wein, die es zum Essen gab, haben wir ratzeputz geleert....

11.04.2014    Grado -> Salas      25 km

 

Natürlich war die Wäsche nicht trocken geworden, denn die Heizung lief wieder nicht die ganze Nacht. Dank Föhn wurde aber dann doch alles tragbar. Was in der Nacht nicht so prickelnd war, war die Lautstärke in der Autobar. Erst hörte man den Fernseher aus einem anderen Zimmer, dann telefonierte irgendwer mit Lautsprecherfunktion und ab 03:30 Uhr schnarchte unser unmittelbarer Nachbar, dass einem Angst und Bange werden konnte.

Um 8 Uhr sind wir in die Bar runter, haben bezahlt und noch ein kleines Frühstück zu uns genommen. Der Regen war zwar vorbei, aber die hohe Luftfeuchtigkeit ließ uns heute tüchtig schwitzen. Noch am Ortsausgang von Grado beginnt der sehr steile Anstieg nach San Juan de Villapanada und noch höher nach El Fresno. Bis nach Cornellana geht es auf z. T. sehr schmalen, steinigen, oftmals schlammigen Pfaden auf und ab. Die im letzten Jahr quer über den Weg liegenden Bäume waren Gott sei Dank zersägt und auf Seite geschafft worden. Die Auobahnbaustelle ist noch immer unvollendet - überall ragen die angefangenen Brückenpfeiler im Tal herum.

In Cornellana haben wir in der Bar kurz Rast gemacht und etwas getrunken. Dann sind wir Richtung Kloster und dahinter wieder steil die Straße hoch. Katharina ärgerte sich einige Male über die Aussage der Wirtin der Autobar, dass der Weg heute weniger anstrengend als gestern sei. Nach dem Sandwerk gibt es im Ort nun einen Getränkeautomaten mit Tisch und Sitzgelegenheit, was uns wie ein Geschenk des Himmels erschien, weil wir eine Pause machen wollten, um unsere mitgeschleppte Brotzeit zu verzehren.

Noch glaubten wir, der Weg nach Salas sei nicht mehr weit, aber er zog sich noch mächtig auf und ab. Aber auch das haben wir geschafft und haben im Hotel Soto ein Doppelzimmer für 30 € bezogen. Nach dem Wäschewaschen - wir haben sie außen auf der Dachterrasse aufgehängt - bin ich in den Supermarkt einkaufen gegangen. Wir haben uns zu unserer Wäsche auf die Dachterrasse gesetzt, zu Abend gegessen und Kniffel gespielt. Irgendwann erschienen die Besitzer der anderen Wäsche, die schon vor der unsrigen hier hing. Es war das deutsche Paar, das auch schon in Oviedo im selben Hostal wie wir übernachtet hatte. Wir haben uns ein klein wenig unterhalten und uns dann wieder unserem Spiel gewidmet. Da es nicht besonders warm war, wurde die Wäsche auf der Dachterrasse genauso wenig trocken, wie später im Zimmer ..... aber wir hatten ja unsere Wunderwaffe Föhn dabei.

12.04.2014    Salas -> Tineo    20 km

 

Die Nacht war wieder nicht so erholsam wie erhofft. Katharina schlief ziemlich unruhig und mir wurde irgendwann doch zu warm mit meinen Socken und der Jogginghose. Morgens habe ich einige Kleidungsstücke trocken geföhnt, den Rest haben wir leicht feucht in eine Tüte gepackt und im Rucksack verstaut. In der Bar La Plaza haben wir um 8 Uhr erst noch einen Cola Cao getrunken und uns einen Stempel geben lassen, bevor wir uns gegen 8:30 Uhr auf den Weg gemacht haben.

Gleich nach Salas steigt der Weg im Wald an - erst gemächlich, dann immer steiler. Während Salas auf 225 m liegt, sollte unser höchster Punkt heute San Roque mit 722 m sein. Da es aber nicht kontinuierlich aufwärts, sondern auch immer wieder nach unten ging, haben wir weit mehr als 500 Höhenmeter hinter uns bringen müssen.

Auf Höhe der immer noch nicht fertigen Autobahn überholten uns die beiden Schweden, die wir seit Oviedo immer wieder gesehen haben. Kurz vor Porciles haben wir an einem der raren Rastplätze Pause gemacht. Die Schweden waren schon da und wir unterhielten uns etwas. Sie sind wie wir in Oviedo gestartet und laufen nur bis Tineo, fahren dann nach Oviedo zurück und fliegen wieder nach Hause - na das wäre mir für 3 Lauftage zu stressig und zu teuer!

Als die Schweden schon weiter waren, kam ein altes Bäuerlein und erzählte uns, wo in der Welt er schon überall war. Bevor er noch einen weiteren Landsmann holte, packten wir unsere 7 Sachen und flohen, denn unsere Zeit ist nicht unbegrenzt und das Verstehen des Dialektes mehr als gewöhnungsbedürftig und anstrengend.

Als nächstes durchwanderten wir Bodenaya. Alejandros Herberge besteht noch, aber wir wollten nach knapp 8 km heute noch nicht aufhören zu laufen. In La Espina gingen wir in die Bar, in der ich letztes Jahr schon war, aber diesmal war eine sehr engagierte Kellnerin da. Nach einer Café-con-Leche-Pause machten wir uns wieder auf unseren Weg. Heute war der Tag des Durstes nach etwas anderem als Wasser aus der Trinkblase ;-) , deshalb wollten wir uns in El Pedregal eine kalte Cola light aus dem Automaten lassen, aber er gab keine her - unser Geld Gott sei Dank schon wieder.

Auf und ab, Schlamm und Matsch - und dann war da noch ein Bäuerchen, das sich am Weg in Position setzte, uns allerhand fragte, selbst erzählte, dass er schon 3x den Camino Francès gelaufen ist .... und uns beim Abschied abschmatzte, was wir nicht verhindern konnten. Katharina wollte nur noch schnell weiter. Nach weiteren unzähligen Aufs und Abs erreichten wir schließlich Tineo und wollten in der Pension La Posada ein Zimmer mieten, was zunächst daran scheiterte, dass niemand vor Ort war. Ich rief schließlich die Telefonnummer an, die an der Tür stand und ein Kauderwelsch aus Spanisch und Englisch sorgte dafür, dass tatsächlich wenig später die Tochter der Besitzer kam und uns das ersehnte Doppelzimmer für 30 € überließ. Nach dem Duschen und Wäsche waschen legten wir uns erst mal eine Runde auf´s Ohr, bevor wir uns gegen 19:30 Uhr auf die Suche nach einer Bar machten, wo wir zu Abend essen konnten. Letztendlich landeten wir im Spa-Hotel, weil es dort "schon" um 20 Uhr etwas gab, während wir in den anderen Bars noch bis 21 Uhr hätten warten müssen. Satt und zufrieden machten wir uns auf den Weg zurück zur Pension, nicht ohne noch im Supermarkt Wasser, Brot und Obst für den nächsten Tag zu kaufen. Danach fielen wir totmüde in unsere Betten. Katharina bekam davon, was im Nebenzimmer abging, dank ihrer Ohropax nichts mit. Das Vermieterehepaar war aus Oviedo zurück und schloss den Tag voller Freude und Ausdauer ab..... bis weit nach 23 Uhr.....

13.04.2014    Tineo -> Borres   20 km

 

Natürlich war die Wäsche auch heute wieder nicht trocken, also .... Im Frühstücksraum der Pension nahmen wir noch ein kleines schnelles Frühstück zu uns und sind so gegen 9 Uhr los. Der Nebel hing tief und fest über Tineo. Der Weg aus der Stadt ist leider genauso steil geblieben. Erst nach 1,5 Stunden waren wir endlich über dem Nebel und wurden mit einer überwältigenden Aussicht belohnt. Leider führte der Weg aber auch wieder nach unten in den Nebel hinein. Kurz vor dem Kloster, wo der Weg letztes Jahr durch die Holzfahrzeuge so tiefgründig und schwer war, gab es diesmal nur wenige schlammige Stellen. Dafür kamen uns bald darauf in Villaluz wieder Kühe entgegen ... viele Kühe.

Im Dorf gibt es einen netten Rastplatz, wo wir uns zum Mittagessen niedergelassen haben. Kaum hatten wir das Mitgebrachte zu leckeren Bocadillos zusammen gestellt, kam auch schon eine kleine Hündin, die offensichtlich Welpen hatte, und fixierte uns mit ihrem bettelnden Blick. Gierig verschlang sie alles, was wir ihr hinuntergeworfen haben.

In Campiello kauften wir bei Ricardo noch ein wenig Proviant und gingen weiter nach Borres. Die Herberge dort ist einfach, es gibt keine Küche, aber alles war einigermaßen sauber. Es gibt dort warmes Wasser und einige Radiatoren .... frieren muss hier offensichtlich niemand. Es gibt auch Kissen mit Bezügen (wir haben unsere erst mal in die pralle Sonne gelegt) sowie reichlich Decken. Ach ja - Jochen und Sigrid, die beiden Pilger, die wir schon in Oviedo und Salas getroffen hatten, waren auch in der Herberge. Nach dem Duschen und Wäsche waschen + aufhängen  haben wir uns vor die Herberge in die Sonne gesetzt und ein paar Spiele gespielt. Später sind wir in den Ort runter und haben in der Bar unsere Übernachtung bezahlt, einen Stempel bekommen und noch ein "Gute-Nacht-Bier" mitgenommen. Wieder zurück in der Herberge haben wir zu Abend gegessen und beobachtet, wie immer mehr Pilger eintrafen. Irgendwann kam eine ganze Truppe Spanier, die aber Gott sei Dank nicht hier übernachten wollten. Die Väter holten die Autos und nach einer gefühlten Ewigkeit traten die Familien mit ihren sehr lauten Kindern den Rückzug an. Somit waren wir zu 8: 4 Spanier, von denen ein Älterer aus der Nähe von San Sebastian war und sehr gut Deutsch sprach. Der andere männliche Spanier war ein Macho, wie er im Buche steht - seine Schweinerei, die er im Bad veranstaltet hatte, kümmerte ihn recht wenig. Er ließ seine dreckigen Socken ebenso liegen, wie den Schlamm, den er aus seinen versifften Schuhen verloren hatte. Jochen kriegte sich kaum mehr ein und wischte das Bad wieder sauber .... ich hätte es auch gemacht, aber erst nachdem ich dem Spanier den Wischmop auf die Füße geklopft hätte. Dann waren da noch 2 Spanierinnen, die je einen riesigen Beutel Schminkutensilien in ihren kleinen Rucksäcken hatten - braucht frau das am Camino???

14.04.2014   Borres -> Berducedo       29 km

Hospitalesroute

 

Die Nacht in der Herberge war mittelprächtig. Die schimmlige Raumluft war trotz geöffnetem Fenster eine Qual - für mich weniger, als für Sigrid, die wirklich die ganze Nacht hustete und mit ihrem Asthmaspray zu Gange war. Sie tat mir wahnsinnig leid. Immer wenn jemand zur Toilette musste, wachte ich auf, weil wir die Stockbetten genau an der Tür bezogen hatten - schlechte Idee :-(  Gegen 7 Uhr war dann allgemeines Aufbrechen. Nach einem Kaffee in der Bar ging es los - immer feste aufwärts durch den dichten Nebel. Der Weg zog sich schier unendlich an Weiden vorbei oder durch den Wald, dessen Baumbestand mit zunehmender Höhe lichter und niedriger wurde. Am ersten Pilgerhospital (Ruine trifft es besser) haben wir eine kurze Rast gemacht. Danach führte der Weg ein kurzes Stück eben dahin - ohne die Holzpflöcke mit den gelben Pfeilen hätten wir uns im Nebel aber schwer getan, die Orientierung nicht zu verlieren, da der Weg als solcher nicht wirklich zu erkennen war. Er glich eher einer kurz abgefressenen Weide mit zahlreichen Kuhfladen und Pferdeäpfelhaufen. Auf der Geraden konnten wir kurz neue Kraft sammeln für den nächsten steilen bis sehr steilen Anstieg. Irgendwann durchwanderten wir die Wolken und hatten eine grandiose Aussicht auf die Bergwelt Asturiens. Überwältigt von dem atemberaubenden Panorama machten wir eine Pause und schossen zahlreiche Fotos.

Bald glaubten wir auch das erste Wildpferd zu sehen, das sich bei näherer Betrachtung dann aber doch als einsame Kuh entpuppte. Die Pferde ließen noch bis kurz nach dem höchsten Punkt der heutigen Etappe (1216 m, somit auch der höchste Punkt des gesamten Primitivos ) auf sich warten. Weit und breit keine Pferde, sondern nur immer wieder Berge ihrer Hinterlassenschaften. Plötzlich tauchten die Ruinen der Pilgerherberge Fonfaron auf. Der Weg war dank der reichlich sprudelnden Quelle wieder sehr matschig und zwang uns zu manch waghalsiger Kletterei, um zu verhindern, dass das Wasser oben in die Stiefel läuft. Dann ging es nochmal mäßig steil bergauf und da entdeckten wir sie ... die wilden Pferde Asturiens. Erst eine Herde mit 2 Fohlen, später noch 2 Herden. Sie beobachteten uns und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Wundervoll!!!! Bald war vergessen, dass der Weg heute noch lange nicht zu Ende war und die Hitze langsam unerträglich wurde. Mein Thermometer am Pedometer zeigte 32° C an und von Schatten weit und breit keine Spur... nur 2 Bergseen.  Im 2. Bergsee standen die Kühe und fraßen die blühenden Algen heraus. Die Kuhherde beäugte uns und sobald wir näher an eine auf dem Weg liegende Kuh kamen, senkte diese den Kopf und stand auf. Wir können nicht leugnen, froh gewesen zu sein, als wir die Herde hinter uns hatten.

Kurz vor dem Puerto del Palo konnten wir dann doch im Schatten eines einsamen Baumes eine längere Rast machen. Die Hitze machte mir schon heftig zu schaffen und nicht nur einmal überlegte ich, ob ich mich nicht einfach auf den Weg legen und sterben sollte..... kurz: Ich ging schon nicht mehr am Zahnfleisch, sondern schon am Kieferknochen! Als wir nach der Rast weiter wankten, kam von hinten ein Pilger ANGERANNT!!!! Er sprang mit dem Rucksack wie von einem Geist verfolgt über Stock und Stein. Am Pass verschwand der in der Schutzhütte, rannte aber wenig später am steinigen Abstieg wieder an uns vorbei. Dieser Abstieg hatte es gewaltig in sich. Auf dem groben, losen Geröll musste man höllisch aufpassen, dass man nicht wegrutscht. Wie das der Sprinter ohne Sturz geschafft hat? Vielleicht berührte er durch sein Tempo das Geröll so kurz, dass er gar nicht ins Rutschen kommen konnte?

In Montefurado habe ich wieder ein Foto von meiner Mutter in der Kirche deponiert. Das Dorf wirkte auf mich noch verfallener als letztes Jahr. Hinter dem Ort, kurz nach dem Viehgatter, "ertappten" wir den jungen Spanier, der gestern in der Herberge so eine Schweinerei im Waschraum hinterlassen hatte, bei einer Siesta an der Mauer. Uns hätten keine 10 Pferde dazu bewegen können uns dort nieder zu lassen, denn die Wiese war gepflastert mit Kuhfladen.

Der Weg zur Bar in Lago zog sich wie ein alter Kaugummi - so lange hatte ich das nicht mehr in Erinnerung. Die Hitze staute sich auf dem Weg unterhalb der Landstraße und ich träumte immer mehr von einem kalten Getränk. Dann endlich erblickten wir die Häuser von Lago, aber vor der Belohnung erwartete uns noch ein weiterer Ab- und Aufstieg. In der Bar gönnten wir uns je ein alkoholfreies Bier und ein Aquarius bevor wir weiter liefen.

Ein Stück Landstraße, dann einen Feldweg nach oben und dann ENDLICH einigermaßen eben dahin. In Berducedo gingen wir erst an der Pilgerherberge vorbei und trafen Sigrid und Jochen vor einer Bar sitzen. Sie berichteten, dass es außer der Gemeindeherberge nur noch eine private Herberge gibt, in der die 4 Franzosen abgestiegen sind. In der Gemeindeherberge seien nur noch wenige Betten frei, also kehrten wir rasch um und ergatterten vor dem "Siesta-Pilger" noch ein komplettes Stockbett in der sehr engen Herberge. Schnell waren wir geduscht und die Wäsche gewaschen (natürlich wurde sie auch heute nicht trocken!!!). Gemeinsam mit Sigrid und Jochen haben wir in der Bar zu Abend gegessen

15.04.2014  Berducedo -> Grandas de Salime    19,6 km

 

Die Nacht in der Herberge war wieder wenig erholsam. Trotz Ohropax drang das Schnarchkonzert zu mir durch. Als gegen 7 Uhr ein Handywecker krähte, begann das allgemeine Rascheln und Knistern. Sigrid schenkte uns noch einen Rest Sonnenmilch, den ich an Katharina abtrat. Eigentlich wollten wir uns in der Bar noch auf einen Kaffee mit Sigrid und Jochen treffen, aber scheinbar haben wir zu lange in der Herberge gebraucht - sie waren schon weg. Da sie bis Castro in die Jugendherberge gegangen sind, wo sie eine Reservierung hatten, wir aber nur bis Grandas de Salime sind, haben wir sie auf dem gesamten Camino nicht mehr gesehen.

In La Mesa haben wir eine kleine Frühstückspause an der Herberge gemacht. Vorher mussten wir uns fremdschämen, da eine Frau aus einer deutschen Pilgergruppe ihre Notdurft genau an der Kirche verrichtete -- die Herberge ist nur einen Steinwurf weiter und entgegen ihres Rufes ist die Toilette dort tiptop sauber (wir haben es selbst gesehen). Während wir vor der Herberge saßen, kam der "Sprinter" vorbeigerannt - erst in die falsche Richtung. Da ich ihm dies laut nachrief, kehrte er dankend um und rannte die Straße hoch weiter. Dieser Aufstieg hinter der Herberge hatte es gleich wieder fies in sich. Die beiden Spanierinnen, die gestern mit dem Bus gefahren sind, liefen mal vor, mal hinter uns die Straße hoch. Eine der beiden jammerte über Hüftschmerzen und lief die Straße im ZickZack hoch.

Als wir endlich oben waren, konnte man in der Ferne unter den Nebelschwaden den Stausee schon erahnen. In der Kapelle in Buspol habe ich wieder ein Bild meiner Mutter abgelegt.

Der Abstieg zum Stausee ist sehr lang, sehr steil und sehr sehr anstrengend. Irgendwann spürte ich auch mein linkes Knie, sodass wir am Wegrand eine kleine Pause machten. Hier haben wir es wieder bedauert, dass es am Camino Primitivo kaum Sitzgelegenheiten gibt.

Gegen 14:30 Uhr waren wir in dem Hotel am Stausee, wo wir 2 große Radler tranken und uns ein Bocadillo teilten. Es waren noch 3 deutsche Pilger da, später kamen noch die beiden Spanierinnen. Kurz liebäugelte ich schon damit, hier in dem Hotel zu übernachten, aber Katharina wollte weiter nach Grandas de Salime.

Der Aufstieg nach dem Stausee zieht sich ca. 4 km auf der Landstraße in Serpentinen nach oben - bei der Hitze, die herrschte war das alles andere als ein Vergnügen. Bei den Kehren muss man auch auf Gegenverkehr achten, denn nicht selten schneiden die Autofahrer die Kurven, dass einem der Atem stockt. Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich oben angekommen waren, ließen wir uns zu einer kurzen Pause an einem verwitterten Rastplatz nieder. Finstere Gewitterwolken drängten uns aber schon bald wieder zum Aufbruch. Kaum hatten wir die Straße verlassen und befanden uns auf dem schmalen Waldpfad, rumpelte es auch schon. Die letzten paar Meter, als wir in Grandas am Museum vorbei kamen, erwischte uns auch noch der Regen. Im Ort fragte ich nach einem Hostal (Katharina wollte nicht schon wieder ein Schnarchkonzert gratis bekommen) und es war auch nur einen Katzensprung entfernt. Erst freuten wir uns über den Wäscheständer und den Balkon, aber schon bald mussten wir erkennen, dass uns letzterer bei dem anhaltenden Regen wenig brachte. Wir stellten den Wäscheständer also in das Zimmer, mit dem Resultat, dass am nächsten Morgen alles noch nasser war.

Beim Abendessen trafen wir wieder die 3 Deutschen, den Spanier aus San Sebastian, sowie den "Macho-Siesta" Spanier. Das Essen war ein Gedicht: Linseneintopf, danach Hackbällchen mit Pommes, zum Nachtisch Eis. Wir schafften die komplette Flasche Wein ....

16.04.2014  Grandas de Salime -> A Fonsagrada     27,6 km

 

Eigentlich waren wir schon um 7 Uhr auf, aber wir brauchten fast 2 Stunden, um die nötigsten Klamotten trocken zu föhnen - gar nicht lustig. Draußen war es so neblig, dass man zeitweise keine 20 m weit sehen konnte. Auch heute ging es wieder steil nach oben (klar, was denn sonst). Unsere Füße mussten heute extrem viel Asphalt treten. In Cereixeiro hätte es vor dem Alto del Acebo die letzte Möglichkeit gegeben, in einer Bar eine Stärkung zu sich zu nehmen, aber wir wollten so schnell wie möglich weiter. Bald hinter dem Örtchen gibt es einen Tümpel, aus dem uns ein Froschkonzert entgegen schallte. Weil es immer noch sehr neblig war, nahmen wir besser nicht die Abkürzung entlang der vielbefahrenen, kurvenreichen Landstraße, sondern stapften brav und tapfer am  Camino weiter durch sumpfige Moorwiesen und matschige Hohlwege. Es ging in der Tat auch öfter mal eben dahin...aber dabei sollte es natürlich nicht bleiben. Nach 1,5 Stunden waren wir endlich in Castro, wo wir auf dem Bänkchen unter dem Vordach der Kirche Rast gemacht haben und etwas aus unseren Vorräten frühstückten. Bis zum Alto del Acebo ging es von nun an stetig bergauf. Die härtesten Stücke waren im wahrsten Sinne des Wortes die auf der Straße bis Penafuente und der steile Anstieg auf den Alto del Acebo, denn inzwischen schien die Sonne und knallte erbarmungslos auf uns herab. Keines der Windräder auf den Bergkämmen drehte sich - ein leichtes Lüftchen hätte uns den Anstieg sicher leichter gemacht, aber wir kamen auch so oben an. Ab und zu warf ein Baum am Wegrand mal einen Schatten, in dem wir dann jeweils kurz verschnauften und Wasser tranken. Wenig später überquerten wir die unspektakuläre Grenze nach Galicien und meine Augen erspähten, dass die Bar in Barbeitos geöffnet hatte!!! In der urigen Gaststube (in einem Pilgerforum bezeichnete sie ein anderer Pilger als schmuddelig - wir würden sie eher als rumpelig bezeichnen) saßen bereits die 3 älteren Deutschen, die uns nach dem Verbleib einer alleinpilgernden Französin fragten. Auch wir hatten sie am Abend vorher das letzte Mal gesehen. Wir bestellten uns erst mal 2 Claras, um unseren Mineral- und Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen. Die Deutschen brachen bald darauf auf, während wir noch Churros bestellten und mit kostenlosen Tapas verwöhnt wurden. So gestärkt schafften wir den restlichen Weg nach A Fonsagrada - irgendwie kam mir auch dieser Weg weiter und steiler als letztes Jahr vor....

Als wir endlich in A Fonsagrada waren, steuerten wir gleich die Pension Cantabrica an. Die Wirtin überlegte lange hin und her, mit welchem ihrer netten Zimmer sie uns am meisten beglücken könne. Katharina war bereits im ersten der vorgeschlagenen verschwunden, als sie sie wieder heraus in ein anderes bat, um dann festzustellen, dass es ein Stockwerk höher noch besser, weil ruhiger, für uns wäre. Es war auch echt ein schönes Zimmer - geräumig und sonnig mit Ausblick auf ...  das Dach des Nebenhauses ;-) Trotz des an der Zimmertür in einigen Sprachen angeschlagenen Verbots haben wir unsere Wäsche im Zimmer gewaschen und aufgehängt.

Gegen 20:30 Uhr sind wir ins Restaurant Cantabrico und bekamen dort ein fantastisches Pilgermenü in einem schönen Gastraum serviert. Der junge Kellner war sehr um unser Wohl besorgt und fragte gefühlte 30 Mal, ob auch alles gut sei. Um 22 Uhr wackelten wir zurück in unsere Pension und krochen in unsere Betten.

17.04.2014    Pause in A Fonsagrada

 

Gestern hatte ich nach einem Frühstück gefragt und die Wirtin war erst etwas zögerlich. Als sie fragte, wann wir zu frühstücken gedenken und ich meinte "so gegen 9 Uhr", fiel ihr sichtlich ein Stein vom Herzen und sie sagte, um 9 Uhr gerne - um 7 Uhr hätten wir keines bekommen. Aber so erwartete uns ein reichlich gedeckter Tisch und sie fragte mehrmals nach, was wir sonst gerne noch hätten. Kaffee, Saft, Obst, Toast, Schinken, Chorizzo, Käse, Marmelade, Butter, verschiedene kleine Kuchen - was sollten wir da noch wollen??? Als ich zahlte, war es mir fast peinlich pro (sonnenverbrannter) Nase nur 2,50 Euro hinlegen zu müssen. Nach dem Frühstück sind wir in einen Tante-Emma-Laden und haben Wasser und Kakao für den nächsten Tag, sowie eine Fl. Aquarius für heute  gekauft und sind noch etwas durch den Ort geschlendert. Schöner wurde er nicht - A Fonsagrada hat wirklich nur wenige heimelige Ecken. Im Park haben wir uns dann auf eine schattige Bank gesetzt, die Leute beobachtet und Kniffel gespielt. Irgendwann waren wir vom Fast-nichts-tun so müde, dass wir für eine kleine Siesta zurück ins Zimmer wollten, was aber gerade geputzt wurde. Wir haben brav außen gewartet und haben sobald wir wieder hinein durften, unsere immer noch feuchte Wäsche aus dem Versteck im Schrank geholt und zum weiteren Trocknen auf einen Wanderstab vor die geöffneten Fenster gehängt. Dank der Sonnenwärme wurde zum ersten Mal alles von alleine wunderbar trocken. Wir haben den ganzen Nachmittag mit Dösen und später mit Kniffeln verbracht. Abends sind wir in ein anderes Restaurant als gestern - war ok, aber kein Vergleich. Wir haben uns geärgert, dass wir nicht einfach wieder ins Cantabrico sind. Pech gehabt, zumal es mit 11 € pro Person auch noch teurer als gestern war.

Morgen geht es weiter - die Füße wollen laufen!!!

18.04.2014   A Fonsagrada -> Cádavo-Baleira   29 km

 

Wir wollten uns am Morgen noch einen Stempel von unserer Wirtin geben lassen, aber weit und breit war von ihr nichts zu sehen und zu hören. Also haben wir uns an der Tankstelle am Ortsrand einen Schokoriegel gekauft und bei der Gelegenheit auch um einen Stempel gebeten.

Der Weg fing ganz harmlos mit leichten Steigungen und Gefällen an, führte durch kleine Hohlwege und über Trampelpfade. Diesmal mussten wir nicht unzählige Kilometer auf der Landstraße laufen, wie ich letztes Jahr, denn wir haben den Wegweiser auf der gegenüberliegenden Straßenseite gesehen, der den Abzweig zum Weg oberhalb der Straße anzeigt. Dieser war wesentlich besser zu laufen...

Kurz vor Montouto haben wir am Rastplatz Frühstückspause gemacht und den herrlichen Panoramarundumblick genossen. Oben bei der alten Pilgerherberge von Montouto habe ich ein Foto meiner Mutter in die vergitterte Kapelle geworfen. Ein Haus der alten Herberge ist noch relativ gut erhalten und wurde wie es aussah auch noch bis vor etlichen Jahren genutzt. Drinnen stehen neben Bergen von Gerümpel noch ein Tisch und eine Bank. Hinter Montouto begann dann ein langer steiniger Abstieg. Wir mussten eine Straße queren, als von hinten plötzlich lautes Geschrei zu hören war: 2 Reiter trabten wir die Irren den steilen Weg hinab. Kurz darauf bog der Weg rechts ab und ging sehr steil nach unten. Irgendwie schien ein Stück weggeschwemmt oder -gerutscht zu sein, denn es ging abrupt über einen Meter nach unten. Mit dem schweren Rucksack war es schwierig, heil hinunter zu kommen, aber Dank Katharinas spitzen Stöcken als Stützen schaffte ich es dann doch auch. Meine Stöcke mit den Gummikappen, die ich nicht mehr abbekam, boten mir dort keinen Halt. Mit kleinen Aufs und vielen Abs gelangten wir zum Méson in Paradavella, wo wir eine Mittagspause machten, alkoholfreies Bier tranken und leckere Thunfischbocadillos aßen. Die Reiter samt ihren Pferden hatten auch dort Rast gemacht und brachen vor uns wieder auf. Gestärkt und ein wenig erholt ging es weiter - inzwischen war es schon ziemlich heiß geworden. Im Wald ging kein Lüftchen und wir waren froh, unsere Tücher in einem Bach nass machen zu können und uns damit zu erfrischen. Der Weg hoch nach A Lastra hat mich fast die letzte Kraft gekostet - ein Blick auf das Thermometer zeigte 30,9 °C. Gott sei Dank war auch in A Lastra die kleine Bar auf und wir gönnten uns 2 kleine Radler und füllten mit einer Flasche Wasser unsere fast leeren Trinkschläuche wieder etwas auf. Noch glaubte ich für heute den höchsten Punkt des Weges erreicht zu haben, doch ein Blick auf das Höhenprofil der heutigen Strecke belehrte mich eines Besseren. Wie man doch innerhalb eines Jahres alle Schattenseiten des Weges vergessen kann! ;-)

Auf dem weiteren Weg mussten wir wieder etliche Sumpflöcher und Matschpisten umspringen. Auf dem freien Weg irgendwo wenige Kilometer vor Cadavo-Baleira schlängelte sich eine kleine Kreuzotter vor mir über den Weg und verschwand im Gestrüpp, bevor ich den Fotoapparat zücken konnte. Endlich erreichten wir das heutige Ziel - in der Herberge schien aber niemand zu sein, alles war verriegelt, auch der restliche Ort war wie ausgestorben. In der Pension Eligio haben wir uns ein Zimmer genommen und eine Kleinigkeit zu Abend gegessen. Wir haben uns noch ein wenig mit der Wirtin unterhalten und gefragt, warum hier absolut nichts los sei: Karfreitag -- da bleiben die Spanier zu Hause (ist bei uns ja eigentlich auch so).

19.04.2014  Cadavo-Baleira -> Castroverde   8 km

 

Wer ist die blödeste Pilgerin unter dem Firmament? ICH!!! Nachts hatte ich noch geträumt ich hätte mein Handy verloren ..... dazu später.

Wir wollten heute nicht die lange Etappe von 31 km bis Lugo durchlaufen, weil wir Angst hatten, dass wir Ostern kein Bett bekommen würden. Also haben wir beschlossen nur nach Castroverde zu gehen und in der neuen Herberge zu übernachten. Also sind wir erst um 8 Uhr aufgestanden und haben in der Bar ein kleines Frühstück zu uns genommen. Kurz vor 10 Uhr sind wir dann los. Das Wetter war fast perfekt zum Laufen - kühl, aber leider auch ziemlich dämpfig. Und natürlich mussten wir erst mal einen langgezogenen Berg hoch! Von der Anhöhe aus konnte man von einem Punkt aus bis Lugo schauen, dann wurde es diesiger und trübte den Blick. Katharina hatte an diesem Tag mangels aufregender Fotomotive JEDEN Monolithen mit Kilometerangabe fotografiert!!! Leider war heute keine der beiden Kirchen am Weg offen -wie schade. Gerne hätten wir mal wieder ein Foto von meiner Mutter unter eine Altardecke geschmuggelt. In Pradeda erspähte uns ein altes Männlein, eilte auf die Straße und lockte uns in seinen "Laden" in der gegenüberliegenden Scheune. Dort hatte er unzählige Schnitzereien aufgebaut, jedoch nichts davon erweckte unser Begehren. Allein der Gedanke, zusätzlichen Balast zu erwerben, schreckte uns ab.

Kurz vor 12 Uhr erreichten wir Castroverde und standen vor der verschlossenen Herbergstür. Es stand dort, dass sie um 13 Uhr öffnet und ich wollte auf meinem Handy nachschauen, wie spät es nun sei. Auch nach längerem Suchen in allen möglichen Taschen und Fächern konnte ich es nicht finden. Katharina wählte es mit ihrem Handy an, aber der erwartete Klingelton blieb aus...... so ein M***. Bis die Herberge öffnete spielten Katharina und ich wieder Kniffel. Da es inzwischen regnete, waren wir froh unter dem Verandadach sitzen zu können. Um 13 Uhr checkten wir in der Herberge ein, duschten und wuschen unsere Wäsche, auch die Fleecejacken, die es bitter nötig hatten. Auf der Wäscheleine des Trockenplatzes auf der Veranda wurde aber leider nichts trocken, deshalb waren wir heilfroh, dass abends die Heizung lief. Blitzschnell waren die Heizkörper überall mit nasser Wäsche belegt und wir waren gut beschäftigt, die Teile immer wieder zu kontrollieren und anders zu positionieren, damit nichts verbrannte und auch überall trocken wurde. In der sehr schönen Herberge gab es zwar eine Küche aber wieder einmal kaum Geschirr, geschweige denn Töpfe. Also konnten wir die seit Campiello mitgeschleppten Nudeln wieder nicht kochen. Wir sind dann in den Supermarkt geschlendert und haben uns eine Brotzeit besorgt. Als die Hospitalera, der ich von meinem Handyverlust berichtet hatte, wieder aus der Mittagspause zurück war, erklärte sie mir, dass sie mit der Wirtin der Pension Eligio telefoniert habe. Diese hatte mein Handy beim Betten machen gefunden und wollte es entweder einem noch vorbeikommenden Pilger mitgeben oder mit dem Bus schicken, der um 19 Uhr in Castroverde eintreffen würde. Wenig später fuhr ein Bierlieferwagen vor und der Fahrer brachte mein Handy direkt hierher. Welche Freude!!

20.04.2014   Castroverde -> Lugo    23 km

 

Oje war das eine Nacht!! Als wir um 21:15 Uhr schlafen gingen, lagen schon fast alle in ihren Schlafsäcken und schienen zu schlafen. Der Pilger an meinem Fußende schnarchte, als gäbe es kein Morgen. Irgendwann stimmten noch mindestens 2 weitere in dieses Konzert ein ... grrrrrr. Erst versuchte ich mich mittels Musik aus meinem MP3-Player in den Schlaf zu bekommen, aber das Geschnarche überschallte sogar dies. Also bin ich wieder aus meinem Schlafsack gekrabbelt und habe so leise wie nur möglich Ohropax für mich und Katharina in meinem Rucksack gesucht --- gar nicht so einfach im Dunkeln! Als ich sie endlich hatte und ein Paar meiner Tochter in die Hand drückte, hätte ich Katharina in dem Augenblick bestimmt keine größere Freude bereiten können. Ich "betonierte" mir die Dinger in die Gehörgänge und vernahm das Schnarchen Gott sei Dank nur noch ganz leise... Ruhig war die Nacht trotzdem nicht, denn immer wieder verließ jemand den Raum und benutzte seine Taschenlampe, obwohl es nicht wirklich finster war. Um 6:30 Uhr begann auch schon der erste Pilger sich fertig zu machen: Licht und Geraschel...

Um 8:15 Uhr waren auch wir vor der Herberge. Die Landschaft zeigte sich heute von ihrer wenig spektakulären Seite - kleine Dörfer, Wiesen, Bäche. Wir mussten etliche Kilometer auf der Landstraße laufen, wenig erfreulich, zumal auch noch Regen einsetzte. Auf der ganzen Strecke heute gab es keine Bar. Lediglich 2 Automaten. Am ersten machten wir Rast und ich gönnte mir eine heiße Schokolade. Wir verfütterten alle unsere restlichen Vorräte an einen bettelnden Hund, der einen erbärmlichen Blick drauf hatte und spindeldürr war.

Kilometer um Kilometer kämpften wir uns auf Lugo zu. Immer mal wieder regnete es und wir hüllten uns in unsere Regenponchos, um darunter wieder zu schwitzen. Auf dem Weg war ich immer der Meinung "gleich sind wir da" aber der Weg ist irgendwie länger geworden ....... Kurz vor Lugo fuhr ein Spanier mit seinem Hund spazieren, d. h. er fuhr mit dem PKW und der Hund durfte hinterher laufen. Dummerweise entdeckte er uns und fand uns in unseren knallroten Regenponchos viel interessanter. Ich habe in der Regel keine Angst vor Hunden, aber in dem Moment, als der Hund dann doch wieder abdrehte und hinter dem Auto herrannte, war mir dann doch wesentlich wohler. Um 14:15 Uhr erreichten wir die dicke Stadtmauer von Lugo. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo ich mich im Altstadtgassengewirr von Lugo verlief, steuerte ich dieses Mal zielstrebig das Hostal Alba an. Nach dem Duschen und nach Hause telefonieren haben wir erst mal eine kleine Siesta gehalten. Da es immer noch regnete, haben wir draußen nicht viel versäumt. Gegen 19 Uhr trieb uns aber dann doch der Hunger vor die Tür und wir sind schnurstracks zur Plaza Mayor und dort in ein nettes Restaurant, wo wir leckere Menüs bekamen (incl. je 2 große Biere 13 €)

21.04.2014   Lugo -> Ponte Ferreira   28 km

 

Da wir heute eigentlich nur bis San Roman in die priv. Herberge wollten, was knapp 20 km Fußmarsch bedeutet hätte, sind wir erst noch gemütlich frühstücken gegangen und haben die Kathedrale besichtigt. Der Weg war heute - schon wieder - wenig spektakulär. (Die schönsten Etappen liegen am Primitivo meiner Meinung nach ohnehin gleich zu Anfang). Die meisten Kilometer mussten wir auf der Landstraße laufen. In San Vincente del Burgo nahmen wir den klitzekleinen Umweg zur Bar auf uns und bekamen dort leckere Bocadillos "Lomo con Queso" und jeweils 1 Radler. Am Ende zahlte ich für alles 10 € und nicht nur wir schauten zufrieden. Gut, dass wir uns gestärkt hatten, denn als wir 2 Stunden später in San Roman ankamen, war die priv. Herberge geschlossen. Erst hofften wir noch, dass der Besitzer noch käme, weil einige Fenster offen waren, aber es tat sich nichts. Nach einiger Zeit kamen 2 Spanierinnen an, die auch dort übernachten wollten. Gemeinsam warteten wir ein Weilchen, bis eine der beiden ihr Handy zückte und telefonierte ---- was sie uns dann auf Englisch mitteilte, freute keinen von uns. Der Herbergsbesitzer habe heute keine Lust aufzuschließen, weil er Ostern so viel zu tun hatte. Also machten wir uns zu viert auf den Weg zur Gemeindeherberge, wo uns der Hospitalero mitteilte, dass er nur noch 3 Betten zu vergeben hätte. Ich fragte, wo die nächste Herberge sei und wie weit das wäre: Ponte Ferreira, 8 km. Was blieb uns aber anderes übrig - Katharina nahm es sehr gelassen und schon stapften wir weiter, ohne uns mit den Spanierinnen um die Betten zu streiten (wobei sie nicht streitlustig aussahen). Die Bergauf-Passagen machten mir heute ziemlich zu schaffen, allerdings gingen wir auch einen ziemlich strammen Schritt, so dass wir 1,5 Stunden später schon in Ponte Ferreira ankamen. Dort versuchten wir unser Glück gar nicht erst in der Herberge, sondern sind gleich im Ort in ein Casa rural, wo wir ein nettes Zimmer bekommen haben. Wenig später setzte ein feiner Landregen ein.

Um 20 Uhr sind wir zum Essen nach unten. Das Essen war reichlich und sehr sehr lecker - nur am Nebentisch meckerte ein dt. Ehepaar ohne Punkt und Komma. Gott sei Dank aßen sie in affenartiger Geschwindigkeit und verzogen sich beizeiten. Wir haben alles genossen und saßen bis der letzte Tropfen unserer Weinflasche geleert war in dem gemütlichen Zimmer.

22.04.2014   Ponte Ferreira -> Melide     22,5 km

 

Um 8:30 Uhr sind wir zum Frühstücken nach unten. Da nur noch unser Tisch eingedeckt war, konnten wir davon ausgehen, dass alle anderen schon längst aufgebrochen waren. Da wir auch heute nur eine kurze Etappe geplant hatten, ließen wir uns auch beim Frühstück reichlich Zeit.

Der freundliche Wirt begleitete uns noch bis vor sein Hoftor und erklärte uns den Wegverlauf in Sichtweite. Wir überquerten also die kleine alte Römerbrücke und mussten .... natürlich zum warm werden wieder bergauf. Vor der Herberge in Ponte Ferreira stand die rauchende Hospitalera und angesichts dieses Anblicks freute ich mich nochmal über unsere letzte Unterkunft.

Ab hier ging es Kilometer um Kilometer auf der Landstraße auf und ab - allerdings gemäßigt. Da es bis As Seixas nur 7,2 km waren, hatten wir das Dörfchen auch schon gegen 11 Uhr erreicht. Im Hof der privaten Herberge saß ein Pilgerpärchen, das uns gestern schon aufgefallen war, weil sie kaum Gepäck dabei hatten und sie grellpink gekleidet war. Vor der Herberge saß ein Schäferhundwelpe mit dem Katharina den Rest des Tages spielen wollte ..... wenn wie denn dort hätten übernachten können. Der smarte junge Wirt erklärte uns, dass sie heute sowohl die Pension als auch die Herberge geschlossen ließen... Danke - spontan beschlossen wir dann auch direkt nach Melide weiter zu laufen. Das bedeutete, dass wir schon heute über den Berg von As Seixas mussten, was uns aber gar nichts mehr ausmachte. Wir waren einfach oben. Wie fit man doch nach den vorangegangen Etappen ist ,-)  Von oben hatte man auch den ersten Blick auf das in der Ferne liegende Melide. Dicke schwarze Gewitterwolken zogen quer vor uns vorüber. Auf mein Regencape hatte ich heute überhaupt keine Lust....

Nach dem Abstieg kamen wir an dem Häuschen von Mapi vorbei, die im Outdoorführer als etwas sonderbare Aussteigerin beschrieben ist. Wir waren schon ein kleines Stück weiter, als sie die Haustür öffnete und hinter uns herrief. Sie grüßte und wollte wissen, wie es uns geht. Da wir nicht wirklich Lust auf einen Tee und ein Gespräch mit ihr hatten, antworteten wir nur kurz "Bueno" und gingen schnell weiter. Der Weg führte heute viel über die wenig befahrenen Landstraßen, ab und an durch ein Minidorf - u. a. auch durch Compostela - und auch über Wald- und Feldwege. Gegen 13 Uhr haben wir in Vilamor eine Mittagspause gemacht, Thunfischbocadillos gegessen und etwas getrunken. Später kamen auch das schweizer Ehepaar und die junge Französin, die gestern auch im Casa Ponte, dem Casa Rural in Ponte Ferreira, waren. Die letzten Kilometer bis Melide zogen sich, ebenso der Weg vom Ortseingang bis zur Kirche in Melide. In der Kirche habe ich 5 Kerzen angezündet und ein Foto meiner Mutter hinterlegt. Danach liefen wir auf kerzengeradem Weg in die Pension, in der ich schon letztes Jahr übernachtet hatte. Nach einer ausgiebigen Dusche telefonierte ich mit Heidi, die in Taberna Vella eine Pilgerherberge betreibt und fragte, ob wir schon morgen bei ihr übernachten könnten. Da Heidi mit einer ihrer Katzen zum Tierarzt nach Melide musste, verabredeten wir uns für den späteren Nachmittag. Dass sie noch einen weiteren Pilger mitbringen würde, den ich aus einem Forum kannte, ahnte ich schon bald, da sie erzählte, dass er z. Z. bei ihr wäre, morgen aber schon früh abreisen müsste. Die Überraschung war aber auch seinerseits, denn ich wusste, wie er aussieht, während es von mir auf FB kein Profilbild gibt. Katharina und ich konnten uns also sehr nahe an ihn heranpirschen, ohne erkannt zu werden. Heidi kam später in ein Café dazu und wir 4 verstanden uns auf Anhieb so, als ob wir uns schon ewig kennen würden, was ja virtuell auch der Fall ist. Internet kann sooooo toll sein, ohne hätte ich diese beiden wunderbaren Menschen nie kennen gelernt. Nach dem Treffen sind Katharina und ich noch ein wenig durch Melide gebummelt, haben ihr am Ende noch Crocs gekauft, damit sie nicht mehr mit Socken in den FlipFlops laufen muss und haben für den nächsten Tag Wasser gekauft. Abends waren wir Essen - ich wollte auch mal Pulpo probieren und habe für mich beschlossen, dass das ein einmaliger Versuch bleiben wird - mir schmeckte er überhaupt nicht.

23.04.2014      Melide->Taberna Vella     20 km

 

Die ganze Nacht hat es immer wieder geregnet. Natürlich begann auch dieser Tag wieder mit intensiven Fönarbeiten. Gegen 9 Uhr starteten wir unsere heutige Etappe, die mit dem ersten Schritt aus der Pension mit einem Schock begann.........ÜBERALL laut plappernde Pilgerströme. Nicht nur Katharina wurde leicht aggressiv!!! Muss man beim Laufen permanent megalaut reden??? Gleich am Ortsausgang von Melide war die Kirche am Friedhof offen und wie auch zahlreiche andere Pilger, holten wir uns einen Stempel, außerdem kaufte ich eine Kerze und zündete sie für meine Mutter an. Wenig später gab es im Wald hinter der berühmten Steinbrücke einen 2. Stempel mit Siegel. Ein Radfahrer, der bei einem Unfall ein Bein verloren hatte, stempelte dort, außerdem konnte man T-Shirts und allerlei Kleinigkeiten kaufen. Jeder, der etwas spendete, bekam außerdem einen Kugelschreiber von ihm. Den 3. Stempel des Tages holten wir uns an dem kleinen Verpflegungsstand im Wald. Im Deutschen Café machten wir einen ersten Stopp, stempelten zum 4. Mal an diesem Tag und frühstückten. Die Schweizer kamen kurz darauf und orderten...na klar: Rotwein!! Wir unterhielten uns ein wenig mit den Schweizern, die in Lugo gestartet waren und staunten, dass wir schon seit Oviedo unterwegs waren. Da wir uns von Tisch zu Tisch unterhielten, bekamen das noch mehr Pilger mit und sie schauten uns an, als wollten sie es nicht glauben. Große, kräftige Frauen sehen scheinbar nicht aus, als ob sie gerne weitere Strecken laufen würden......

Stempel Nr. 5 gab es dann in der Kirche in Boente. Das Wetter war an diesem Tag dem April nichts schuldig geblieben - ständig wechselte es zwischen sonnig = heiß und wolkig-windig = kalt. Ab und zu kam dann noch die Dusche von oben dazu. Kurz vor Arzua gönnten wir uns eine "Clarapause" und machten eine "interessante" Entdeckung: In der am Ortsausgang gelegenen Herberge stand die Tür auf und drinnen türmten sich die Koffer und Reisetaschen. Deshalb sind so viele "Lightpilger" unterwegs. Schon gestern in Melide hatte ich einen Kastenwagen mit der Beschriftung "Jakotrans" gesehen.

Kaum hatten wir die Anhöhe nach Arzua erklommen und den Ortseingang erreicht, erwischte uns eine heftiger Regenschauer - also wieder Regencape drüber!! Durch Arzua selbst waren wir schnell durch, aber die noch fehlenden 5 km nach Taberna Vella zogen sich wieder wie ein alter Kaugummi. Auf - ab, unter der Straße durch, über das eine oder andere Bächlein. Nach insgesamt nur 20 km, die uns aber schier endlos erschienen, kamen wir endlich bei Heidi an, wo wir herzlich empfangen wurden. Die Herberge ist wunderschön, in einem kleinen Nebenhaus gelegen. Alles ist neu und richtig chic ausgebaut und eingerichtet. Es gibt 8 Betten in einem geräumigen Zimmer, ein tolles Bad mit ebenerdig begehbarer großer Dusche und 2 Waschbecken. Das WC ist separat und behindertengerecht - einfach alles ein Traum zum Wohlfühlen!!! Während wir uns duschten und häuslich nieder ließen, ist Heidi mit ihrer verletzten Katze wieder nach Melide zum Tierarzt. Ständig hörten wir Pilger um die Herberge schleichen, jedoch machten die meisten nur eine kurze (Stempel)Pause und marschierten weiter.

24.04.2014   Taberna Vella (Pause)

 

Unsere Angst war völlig überflüssig, Heidi hatte nicht vorgehabt gestern noch mehr Pilger aufzunehmen. Nach dem Abendessen haben wir noch bis nach Mitternacht gequatscht und Wein getrunken. Am nächsten Tag haben wir bis gegen 10 Uhr geschlafen und sind dann zum Frühstücken ins Wohnhaus. Der Tag wurde total verregnet und so verbrachten wir den frühen Nachmittag mir Backgammon spielen. Gegen 15 Uhr holte Heidi Alexander R., einen Pilger, den ich aus einem Forum kenne, aus Santiago ab. Abends haben wir zusammen gekocht, gegessen und wieder bis Mitternacht geredet.

 

 

 

25.04.2014  Taberna Vella - O Pedrouzo    14 km


Wir haben wieder sehr gut geschlafen. Um 9 Uhr sind wir ins Wohnhaus und haben wieder gemeinsam gefrühstückt. Bis 11:30 Uhr blieben wir noch, dann mussten wir uns schweren Herzens von Heidi und ihrem Pilgerparadies losreißen. Der Himmel weinte und auch ich musste mir die Tränen verkneifen.

Da wir heute nur rund 14 km zu laufen hatten, ließen wir uns Zeit und sind unterwegs auch noch in Salceda in die Bar, um etwas zu trinken. Unterwegs sahen wir ganze Gruppen Jugendlicher, die den Camino offensichtlich mit einem Lehrer oder Erzieher gehen. Ihr pausenloses lautes Geschnatter nervte Katharina sehr. Über das Wetter möchte ich mich gar nicht weiter auslassen - es war dermaßen bescheiden, dass wir unsere Regencapes fast ununterbrochen tragen mussten.

In O Pedrouzo sind wir wieder in die Pension Maribel - leider bekamen wir keines der neuen Zimmer, sondern ein altes im 1. Stock, dafür ging die Heizung!

Da wir keinen Proviant mehr hatten, mussten wir trotz Regen noch mal raus. Das erste Restaurant sah wenig einladend aus, die anderen waren (noch) geschlossen. Nur die Pizzeria am anderen Ende des Ortes hatte schon auf - also ließen wir uns dort nieder.

26.04.2014  O Pedrouzo -> Santiago de Compostela  21 km

 

Um 8:30 Uhr gab es für uns das letzte Camino-Frühstück. Für 5 € pro Nase war es eine kleine Unverschämtheit, aber Schwamm drüber. Was uns viel mehr störte, dass die Vermieterin uns gegenüber an der Küchenzeile lehnte und uns mit verschränkten Armen beobachtete. Sehr ungemütlich!!!!!

Gepackt war schnell und auch der Weg heute lief sich für uns recht einfach und zügig. Um nicht zu früh am Ziel zu sein, machten wir 2 Barstopps. Einmal in Amenal, um etwas zu trinken, später nochmal in Lavacolla, wo man mit den größten Bocadillos des gesamten Caminos wirbt. In der Bar in Amenal hängt ein riesiges Bild der beiden Pilgerstatuen am Monte do Gozo. Spaßeshalber habe ich es abfotografiert - heute wollten wir ja zu den Originalstatuen. Umso größer war unser Entsetzen als wir am Monte do Gozo ankamen und feststellen mussten, dass das wieder nicht klappen wird, weil am gesamten Berg ein Motocrossrennen statt fand. Neben der kleinen Kapelle, in der gerade Gottesdienst war, stand eine Bühne, wo gerade ein ohrenbetäubender Soundcheck für ein Konzert seinen Lauf nahm. Wir sind noch direkt auf das weitläufige Gelände der Megaherberge und haben geschaut, ob man nicht doch zu den Statuen käme -- no way!!! 5 km vor dem Ziel wollten wir uns nicht vor ein Motorrad werfen.

Das schlimmste Stück nach Santiago ist für mich die Überquerung der beiden Holzbrücken. Einige Bretter schauen schon sehr morsch aus.....

Kurz vor 15 Uhr erreichten wir den Kathedralenplatz und gingen direkt zum Pilgerbüro, da man mit den Rucksäcken nicht mehr in die Kathedrale darf.  Die Schlange vor dem Pilgerbüro war recht übersichtlich und so stellten wir uns gleich mit an. Das Büro befindet sich zwar noch hinter dem selben Eingang wie die Jahre zuvor, aber nicht mehr im 1. Stock des Gebäudes, sondern im Hinterhof ebenerdig. Nach ca. 1 Stunde waren wir endlich an der Reihe. Es war überhaupt kein Problem eine Compostela mit der Widmung "vicariae pro" für meine Mutter zu erhalten. Der freundliche junge Mann hinter der Theke nickte sogar wohlwollend auf meine Frage, ob es möglich wäre. Als er mir die Compostela überreichte und den Zusatz "vicariae pro" erklärte, musste ich schon mit den Tränen ringen. Für mich habe ich dann noch die neue Compostela ausstellen lassen, in der die zurückgelegten Kilometer, der Startpunkt und - tag, der Ankunftstag in Santiago sowie der gewählte Weg vermerkt werden.

Unfassbar, dass schon wieder eine Pilgerreise fast zu Ende war!!!!

27.04.2014   Santiago de Compostela -> Nürnberg


Da es in unserer Pension kein Frühstück gab, sind wir in der Altstadt Churros essen gegangen. Unsere Rucksäcke konnten wir zur Aufbewahrung noch in der Pension lassen, so sparten wir uns die Depotkosten, die man im Pilgerbüro dafür haben möchte. Wir sind wieder zeitig in die Kathedrale und haben im Querschiff einen Platz bekommen. Zahlreiche Touristengruppen strömten laut schnatternd in das Gotteshaus. Uns fiele es im Traum nicht ein, so einen Lärm in einer Kirche zu machen! Als ein deutscher Tourist noch ganz laut fragte, ob er hier richtig bei der "Pilgerveranstaltung" sei, musste ich Katharina beruhigen, denn sie platzte beinahe vor Fassungslosigkeit. Die Messe war sehr schön, neben "der" Nonne sang auch ein Jugendchor und zu guter Letzt wurde wieder der Botafumeiro geschwenkt. Nach der Messe versteckten wir noch das letzte Foto meiner Mutter in der Kathedrale, holten unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Flughafen. Mit einer kleinen Maschine ging es zunächst nach Mallorca und von dort nach Nürnberg.

Meine Mutter hat sich sehr über ihre Compostela gefreut.



Am 24.11.2014 hat sie ihren Weg auf Erden beendet......